Die Marktmeinung aus Stuttgart

Rekord-Virus

Stuttgart, 12. Februar 2020 - von Michael Beck

Nun hat es auch ihn erwischt – der deutsche Leitindex Dax ist auch vom Rekord-Virus infiziert. Waren bisher nur internationale Aktienindizes, wie der S&P 500 oder der Dow Jones Index, von diesem Rekord-Virus befallen, so jagt nun auch der deutsche Leitindex einen Rekord nach dem anderen. 13.628 standen nach Börsenschluss zu Buche, intraday waren es sogar 13.668 Punkte, die der Dax jedoch nicht ganz halten konnte. Und dies trotz der Tatsache, dass der (richtige) Corona-Virus ebenfalls rekordverdächtig auftritt – allerdings in sehr negativem Sinne. Dieser Virus scheint hochansteckend zu sein, die Erkrankungsfälle und leider auch die Todesfälle steigen von Tag zu Tag. Zwar scheint dieser Virus weit weniger gefährlich zu sein als das SARS- oder MERS-Virus vor einigen Jahren, aber wie bei der uns auch nicht ungefährlichen Influenza-Grippe gibt es immer wieder Todesfälle, insbesondere bei Menschen mit Vorerkrankungen oder älteren Menschen mit geringeren Immunkräften. An die hiesige Influenza-Grippe ist man wohl gewöhnt, angesichts des neuen Virus grassiert die Angst. Nun wurden in China leicht abnehmende Fallzahlen bekannt gegeben, was die Hoffnung nährt, dass die Epidemie ihren Höhepunkt in China bald überschritten haben könnte. In Verbindung mit der Einschätzung einer US-amerikanischen Investmentbank, dass die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft nicht so groß seien, sorgten massive Geldspritzen der chinesischen Zentralbank für die heimische Wirtschaft gestern schon für Kursgewinne im asiatischen Geschäft. In Europa wurden die sehr negativen Industrieproduktionsdaten, die darauf hindeuten, dass das vierte Quartal ein leichtes BIP-Minus ergeben könnte, ob der kartellrechtlichen Zustimmung zur Fusion von T Mobile US und Sprint ignoriert. Der DAX-Rekord war die Folge. Ob das Dahinsiechen der großen Volksparteien mit einer grippeähnlichen Erkrankung zu tun hat, ist nicht bekannt. Aber das Desaster mit der Thüringen-Ministerpräsidentenwahl und dem darauf folgenden Rücktritt der CDU-Chefin führt zu neuer Unsicherheit hinsichtlich des Fortbestandes der großen Koalition in Berlin. Auch dies wurde von den Aktienmärkten komplett ignoriert.

Die bundesweiten Gewaltaktionen auf Büros und Wohnhäuser von FDP-Politikern beweisen, dass der linksextreme Rand sich kaum von dem rechtsextremen Spektrum unterscheidet. Eine Zusammenarbeit der handelnden Parteien der Mitte mit der Linkspartei bzw. der AFD scheint daher weiter so lange nicht möglich zu sein, solange die jeweilig moderaten Kräfte ihre extremen Ränder zulassen. Dieses Thema wird die Aktienmärkte wohl noch beschäftigen. Zurzeit allerdings sind alle Augen auf China und das Virus gerichtet, von dem alle hoffen, dass es sich eindämmen lässt. Sollte dies in der größten Volkswirtschaft der Welt geschehen, mag man sich die Folgen nicht ausdenken. Für Investoren ist dies eine ungemütliche Ausgangslage. Eingezwängt zwischen absolutem Anlagenotstand im Negativ-Zinszeitalter und absolut erratischen Populisten-Aktivitäten bleibt nur übrig, die volatile Seitwärtsentwicklung der Märkte zu beobachten, bis einige der wichtigsten Sorgenthemen zumindest ansatzweise gelöst sind. Der September fiel in der Vergangenheit dadurch auf, dass er oft die zweifelhafte Ehre des schlechtesten Börsenmonats des Jahres innehatte. Daher können Investoren sich über jede Zwischenerholung der Aktienmärkte freuen, sollten aber vor dem Hintergrund schwächelnder Konjunkturdaten weiter Vorsicht walten lassen.

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