Die Marktmeinung aus Stuttgart

Klimawandel und Inflation

Stuttgart, 11. August 2021 - von Michael Beck

Wissenschaftler aus immerhin 66 Ländern, die den IPCC („Weltklimarat“) bilden, veröffentlichten in diesen Tagen nach 8 Jahren einen drastischen Sachstandsbericht zur Lage des Weltklimas. Und dieser Zustand sieht nicht gut aus. Aber das bemerken wir ja auch schon in Europa, wo sich die „Jahrhundertfluten“ häufen und ausgeprägte Dürreperioden nicht nur dieses Jahr zu Waldschädigungen und –bränden führen. Das Kernthema ist der Ausstoß des Klimagases CO2, den es zu begrenzen gilt, will man noch schlimmere Folgen des Klimawandels verhindern oder zumindest abmildern. Nach aktueller Doktrin kann dies nur mit einer Bepreisung des CO2-Verbrauchs geschehen, da mit anderen Mitteln kaum eine Lenkungswirkung erzielt werden kann. Dies wird zu einer gewollten Verteuerung fossiler Brennstoffe führen, aber auch zu Verteuerungen von Energie allgemein, was insbesondere die energieintensiven Industrien in Deutschland treffen wird. Nach den letzten relativ hoch ausgefallenen Inflationsraten stellt sich die Frage, wie sich die Inflation in den Monaten und Jahren weiter entwickeln wird. Aufgrund vieler Basiseffekte, wie z.B. die extrem niedrigen Ölpreise nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie zu Beginn des Jahres 2020, welche sich von 25 USD auf ca. 70 USD nahezu verdreifacht haben, sind die jüngsten Inflationsraten deutlich gestiegen. Auch die im Juli 2020 abgesenkte Mehrwertsteuer um 3% wurde in 2021 wieder auf den alten Stand erhöht, was automatisch zu einem deutlichen Inflationsschub nach oben im Juli-Vergleich der beiden Jahre 2020 und 2021 geführt hat. Die Preise sind jedoch auch weltweit im Steigen begriffen, was auch an Lieferengpässen von Vorprodukten wie Mikrochips oder auch nur an knapper werdenden Transportmöglichkeiten liegt. Noch ist die einhellige Meinung dahingehend, dass diese preissteigernden Effekte vorübergehender Natur sind. Ein Teil dieser Preissteigerungen dürfte aber längere Zeit Bestand haben. Nicht nur der planmäßig in den nächsten Jahren stetig weiter steigende CO2-Preis wird hierzu einen Beitrag leisten, ebenso wie andere Bereiche des täglichen Lebens, wie z.B. eine Fleischproduktion, die das Tierwohl mehr in den Mittelpunkt rückt. Der voranschreitende und kaum aufzuhaltende Klimawandel wird auch andere Lebensmittelpreise verteuern, da es immer öfter zu klimabedingten Ernteausfällen kommen wird. Ein aktuelles Beispiel ist der Kaffee-Preis, der in kürzester Zeit aufgrund diverser Missernten um mehr als 30% gestiegen ist.

Auch viele darbende Restaurants und Hotelbetriebe nutzen die derzeit stark ansteigende Nachfrage nach Beendigung der Lockdown-Maßnahmen, um ihre Preise zu erhöhen. Entscheidend wird sein, wie sich die Lohnentwicklungen zeigen werden. Die meisten Lohnabschlüsse bewegen bisher sich im normalen Rahmen. Der unverantwortliche Streik der Lokführer-Gewerkschaft GDL dürfte hier eine Ausnahme darstellen. Zumal wohl nur machtpolitische und einflussgestaltende Argumente eine Rolle spielen. Da dies auf dem Rücken und zulasten der Gesundheit der Reisenden in Pandemiezeiten und auf Kosten einer sich immer noch in einer Krise befindenden Wirtschaft geschieht, findet sich wenig öffentliches Verständnis für diese Streikmaßnahmen.

Für das Wirtschaftsklima in Deutschland sind das keine guten Vorboten, was der deutlich gesunkene ZEW-index verdeutlicht. Die Erwartungen der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung stürzten um 22,9 Zähler auf nur noch 40,4 Punkte ab. Das Bild der aktuellen Lage hat sich dagegen weiter verbessert und zeigt die sich zur Zeit kräftig erholende Wirtschaft. Dies dürfte sich auch in einem starken Wirtschaftswachstum im dritten Quartal niederschlagen. Aktienbörsen schauen jedoch weit nach vorne und da türmen sich Gewitterwolken am Horizont auf. Die Zentralbanken werden in ihrem Ende August stattfinden traditionellen Treffen in Jackson Hole bereits Hinweise darauf geben, wie sie die Inflationsentwicklung der nächsten Monate und Jahre einschätzen und wie lange sie ihre Geldfüllhörner noch offen halten wollen. Käme es zu einer restriktiveren Geld- und Fiskalpolitik, sollte sollte diese moderat und mit transparenter Kommunikation umgesetzt werden, um größere Verwerfungen an den Kapitalmärkten zu verhindern. Weiteres Aufwärtspotential dürfte allerdings angesichts der Unwägbarkeiten kurzfristig eher begrenzt bleiben.

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