Die Marktmeinung aus Stuttgart

It´s the economy, stupid!

Stuttgart, 15. September 2021 - von Michael Beck

Mit diesem Spruch gewann Bill Clinton vor rund 20 Jahren seine Präsidentschaftswahl in den USA. Man könnte meinen, diese Worte hätten auch heute noch Gültigkeit. Aber wenn man den aktuellen Wahlkampf verfolgt, ist das Wirtschaftsthema in der Prioritätenliste ganz weit hinten zu finden und kaum präsent. Insbesondere die jüngere Generation scheint davon auszugehen, dass die sprudelnden Steuereinnahmen und Exporterfolge der deutschen Wirtschaft gottgegeben sind, dauerhaft anhalten und all die immensen Kosten der anstehenden Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft zur Klimaneutralität relativ einfach vom Staat zu tragen wären. Auch den Versprechungen einiger linksgerichteter Politiker, dass man sich keine Sorgen um die Höhe zukünftiger Rentenzahlungen machen müsste und Grundsicherungen oder gar bedingungslose Grundeinkommen bekommen könnte, werden allzu gerne geglaubt. Dabei zeichnet es sich seit langem ab, dass private Vorsorge unerlässlich ist, um den Lebensstandard im Rentenalter annähernd aufrecht zu erhalten.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat nun in einer Studie, in der junge Menschen im Alter zw. 14 und 24 Jahren befragt wurden, herausgefunden, dass es mit dem wirtschaftlichen Sachverstand in dieser Altersgruppe eher mau aussieht. So wissen 44% der befragten Jugendlichen nichts mit dem Begriff „Inflation“ anzufangen. 68% wissen nicht, was die EZB macht und 31% wissen nicht, was eine Aktie ist. Immerhin zwei Drittel gaben an, zu wissen, was ein Investment-Fonds ist, es konnten aber lediglich 28% erklären, was dieses Investment-Vehikel ausmacht und wie es funktioniert. Nun kann man den Jugendlichen eigentlich keinen Vorwurf machen, denn zwei Drittel gaben an, „nicht so viel“ oder gar „so gut wie nichts“ über Wirtschaft in der Schule gelernt zu haben, was viel über den Reformbedarf der Lehrpläne aussagt.

Um also die private Altersvorsorge zu stärken, scheint es Voraussetzung zu sein, in den Schulen das Wirtschafts-Fachwissen zu stärken. Insbesondere, da seit geraumer Zeit trotz dieser Wissenslücken die Aktionärszahl vor allem über Internet-Portale wie „robinhood“ schnell steigt. Hier scheint aber eher der kurzfristige Spekulationsgewinn und das Zockertum im Vordergrund zu stehen. Für eine langfristige, den Wohlstand mehrende und für das Alter vorsorgende Anlagestrategie sollten jedoch andere Wege beschritten werden. Auch manch unversöhnliche Positionen im ungemein wichtigen Thema „Klimawandel“ zwischen den Generationen könnten etwas aufweichen, wenn sowohl die Notwendigkeiten einer Änderungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels als auch gewisse ökonomische Realitäten gleichermaßen erkannt würden.

Zumal sich rund um die Thematik des Klimawandels ein riesiger Anlagebereich mit modernen Themen wie Technologie, Demografie, Gesundheit oder Nachhaltigkeit entwickelt, der insbesondere jüngere und langfristig orientierte Investoren ansprechen könnte.

Die Aussichten für Aktien sind zudem in langfristiger Hinsicht immer noch hervorragend. Kurzfristig scheinen sich jedoch einige Risiken Aufzubauen. Angelsächsische Analysten machen sich zunehmend Sorgen um den Ausgang der Bundestagswahl, weil sie bei einem Linksrutsch um die langfristige Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft fürchten. Hiesige Finanzanalysten geben Ihrer Besorgnis in der ZEW-Befragung Ausdruck. Die Erwartungskomponente fällt beim ZEW-Index zum vierten Mal in Folge. Auch wenn sich die aktuelle Lage etwas verbessert hat, sind die Aussichten für die Wirtschaft und damit auch für die Entwicklung der Aktienmärkte etwas getrübt.

Wer für das Alter vorsorgen möchte, sollte die Inflation fest im Blick haben, denn diesen heimlichen Vermögensvernichter haben nur Wenige auf der Rechnung. Insbesondere in den USA schlägt diese zur Zeit mit Raten um die 5% heftig zu. Die US-Zentralbank Fed sieht darin immer noch ein vorübergehendes Phänomen, betrachtet man aber die exorbitante Verschuldung, die inzwischen über 28,5 Billionen USD (=28.500 Mrd. !!) liegt, kann man auf den Fortgang dieses geld- und fiskalpolitischen Experiments gespannt sein. In dieser Hinsicht haben die befragten Jugendlichen immerhin schon die richtige Antwort parat. Als besondere geeignete Anlageformen, die langfristig Gewinne versprechen werden Aktien (61%) und Immobilien (59%) angesehen.

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