Die Marktmeinung aus Stuttgart

Frühe Herbstnebel

Stuttgart, 31. August 2021 - von Michael Beck

Es gibt sie noch – die guten Nachrichten: die DAX-Konzerne haben das beste Gewinnquartal aller Zeiten hinter sich. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY erwirtschafteten alle DAX-Konzerne im Zeitraum April bis Juni in der Summe 44,6 Mrd. Euro, mithin sogar mehr als beim letzten Rekordwert des Jahres 2017. Damit wurden die eklatanten Gewinneinbrüche des Jahres 2020 mehr als ausgeglichen, allen voran die der drei Automobilkonzerne, deren Beitrag bei 16,7 Mrd. Euro liegt. Auch in puncto Anlegervertrauen weist das Stimmungsbarometer des US-Asset Managers State Street einen veritablen Sprung nach oben auf. Dieser „Investor Confidence Index“ steht nun wieder mit über 110 Punkten auf dem höchsten Stand seit 2018. Die Basis für diesen Index sind tatsächlich getätigte Geschäfte, die Steigerung zeigt damit eine gesteigerte Risikoneigung der Investoren. Regional ist die gute Stimmung in Europa, Asien und in den USA nahezu gleich ausgeprägt.

Die aktuelle Lage ist also gut, bei den Erwartungen der Marktteilnehmer für die kommenden Monate zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Der IFO-Geschäftsklimaindex bildete sich zum zweiten Mal in Folge vor allem wegen der stark gesunkenen Erwartungskomponente der Unternehmen zurück. Einer anderen Ifo-Umfrage zufolge berichten bereits zwei Drittel aller befragten Unternehmen von Beschaffungsproblemen bei Halbleiter-Chips, Vorprodukten oder Rohstoffen aufgrund von Lieferengpässen. Es wird zwar kein dramatischer Einbruch erwartet, zumindest könnte diese Problematik aber das Wachstum der Exporte negativ beeinflussen. In den westlichen Industrienationen stellt der Konsum eine der wichtigsten Säulen der Wirtschaftstätigkeit dar. Sowohl in den USA als auch in Deutschland zeigen die jüngsten Stimmungsumfragen ein deutliches Abkühlen der Konsumneigung. Vor allem in den USA gab es hier einen starken Einbruch. Der deutsche GfK-Konsumklimaindex trübte sich inzwischen ebenfalls auf einen Wert von -1,2 Punkten ein. Nachlassende Konjunkturerwartungen, steigende Verbraucherpreise und die Angst vor Einschränkungen durch eine vierte Covid-19-Infektionswelle lässt die Lust auf neue Anschaffungen sinken und die Sparneigung steigen.

Für die Börsenkurse bedeuten diese Entwicklungen zwar nichts Gutes. Andererseits verhindern die Abkühlungstendenzen der Weltwirtschaft aber gleichzeitig, dass die Zentralbanken den Geldhahn nicht überhastet sondern vorsichtig und kursschonend zudrehen. Die mit Spannung erwartete Rede des US-Zentralbankchefs Jerome Powell brachte wie erwartet noch keine klare Antwort, wie sich die Fed in dieser Frage positionieren wird. Genauere Details werden nun in der September-Sitzung der amerikanischen Notenbank erwartet. Vielleicht lichtet sich dann der Herbstnebel, verbunden mit neuer Zuversicht für die konjunkturelle Entwicklung.

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