Der DAX-40-Index markiert ein Rekordhoch nach dem anderen. Dabei verwundert das schon etwas, denn die aktuellen Rahmenbedingungen sind alles andere als optimal. Die hohen Inflationsraten werden in Richtung Dezember wohl noch etwas weiter steigen und in Deutschland sogar die lange nicht mehr gesehenen 5%-Marke übersteigen. Und das nach der Bundestags-Wahl existierende Regierungsvakuum stimmt angesichts der sich dramatisch negativ entwickelnden vierten Covid-19-Welle nicht gerade positiv. Der angehende Kanzler Olaf Scholz hat als Vize-Kanzler nicht nur die bisherige Corona-Politik mit verantwortet, er ist eigentlich auch noch in die geschäftsführende Regierung eingebunden. Deutschland hat Führung bei ihm bestellt, er liefert sie aber leider nicht wie versprochen. Kurz vor dem Beginn der vierten Welle wurden die Impfzentren geschlossen, Tests kostenpflichtig gemacht und die Maskenpflicht in den Schulen weitgehend (wo die Inzidenzen mit am höchsten sind) abgeschafft. So taumelt das Land nun ungebremst in immer höhere Inzidenzwerte und steht kurz vor einer Überforderung des Gesundheitssystems, was die Stimmung durchaus belasten könnte. Würden die Dax-Unternehmen so agieren, wären die Kurse wohl in ganz anderen Regionen zu finden. Denn die deutschen DAX-40-Unternehmen konnten in den ersten drei Quartalen 2021 Rekorderlöse erzielen. Einer Ernst & Young-Studie zufolge konnten sie ihre Umsätze um +9% steigern. Der niedrigen Basis im Covid-19-Pandemiejahr geschuldet stiegen die operativen Gewinne sogar um +152% (!). Die Erlöse lagen bei 381 Mrd. Euro und führten zu einem Gewinn vor Zinsen und Steuern von 36 Mrd. Euro. Dass dies eine erstaunliche Leistung ist, zeigt der Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019. Gegenüber dem dritten Quartal 2019 liegen die Gewinne aktuell um satte 21% höher.
Die positiven Gewinnmeldungen haben den Aktienmarkt zweifellos unterstützt. Die Aktieninvestoren ignorieren derzeit jedoch die Belastungsfaktoren für die weitere Geschäftsentwicklung, denn die Lieferengpässe, die zu massiven Erhöhungen der Erzeugerpreise führten, verlängern sich wohl bis Ende 2022. Aus saisonalen Gründen dürften zumindest die Energie- und Strompreise zum Frühjahr hin wieder etwas sinken, was sich positiv auf die Inflationsraten auswirkt.
Aber selbst bei den Zentralbanken wächst inzwischen die Erkenntnis, dass der Inflationsdruck länger anhalten wird. Die Realzinsen, d.h. die Nominalzinsen abzüglich der Inflationsrate, bleiben so auch weiterhin im deutlich negativen Bereich. Profitieren werden davon vornehmlich Sachwerte und damit insbesondere die Aktien. Dies zeigt sich auch in der Resilienz der Aktienkurse gegenüber schlechten Nachrichten. Solange die Zentralbanken bei ihrer expansiven Geldpolitik bleiben (und damit ist zu rechnen), bleiben Aktieninvestments somit die erste Wahl. Es ist jedoch anzuraten, auf die aktuell eher hohe Bewertungssituation mit einer defensiveren, auf strikte internationale Diversifikation ausgerichteten Anlagestrategie zu reagieren. Auch wenn die Möglichkeit besteht, Teile einer nach wie vor möglichen Jahresendrally zu verpassen, empfiehlt sich, eine Cash-Position in die Anlagestrategie mit einzubauen. Auch wenn seit längerem das alte Börsenrezept „The trend is your friend“ gilt, so ist genauso klar, dass die Börsen immer noch keine Einbahnstraßen sind. Es gilt zu vermeiden, dass Investoren auf den vorwinterlich immer glatter werdenden Straßen ins Rutschen kommen.