Die Marktmeinung aus Stuttgart

Die Wiederkehr der „Tera Caps“

Stuttgart, 14. Oktober 2020 - von Michael Beck

In dem fantastischen Roman „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ spielen sie eine Hauptrolle. Die eigentlich ausgestorbenen Riesensaurier. Die Giganten der Neuzeit dominieren keine unterirdischen Welten, sondern die Mitte unserer aller Leben. Social Media, Onlinehandel, E-Finance, Homeoffice und der generelle Trend zu „Industrie 4.0“ sind nur wenige Beispiele, die die gesteigerte Bedeutung der digitalisierten Welt verdeutlichen. Interessanterweise hat aber wieder einmal insbesondere ein Konsumgut die Tech-Aktienmärkte in die Höhe gehievt – die Vorstellung des neuen iPhone 12 von Apple sorgte für entsprechende Kurseuphorie. Somit konnte der Nasdaq-100-Index in den letzten Tagen über 1.000 Punkte zulegen und somit den Großteil seiner Korrektur wettmachen.

In Europa indes bereiten die steigenden Fallzahlen der Covid-19-Ansteckungen Sorgen, die sich in einem stark gefallenen ZEW-Indikator manifestieren. Nun handelt es sich dabei um die Befragung von Finanzanalysten und -Experten, die naturgemäß etwas sprunghafter in ihren Einschätzungen sind, aber auch der aussagekräftigere ifo-Geschäftsklimaindex, der die Befragung von über 9.000 Unternehmen widerspiegelt, konnte seinen Aufwärtstrend zuletzt nicht fortsetzen. Der internationale Währungsfonds IWF hat seine Konjunkturprognose für das Wachstum der Weltwirtschaft von –5,2 % auf –4,4 % angehoben, was einerseits positiv, aber anderseits natürlich ein Fanal ist. Solche Wirtschaftseinbrüche konnte sich vor einem halben Jahr noch niemand vorstellen. Nun ist die Erholung im Gange, aber sie wird durch die erneute Verschärfung der Covid-19-Pandemie gebremst.

Auch wenn es keinen generellen Lockdown mehr geben dürfte, eine Vielzahl an regionalen Einschränkungen wirkt sich in der Summe auch negativ auf die Wirtschaftsleistung aus. Und in einigen Ländern wie Großbritannien oder Tschechien könnte das außer Kontrolle geratene Pandemiegeschehen vielleicht doch zu einem Lockdown führen.

Immerhin erwarten führende Bankinstitute wie Morgan Stanley, dass die anstehende Berichtssaison der Unternehmen positive Überraschungen bringen könnte. In Verbindung mit der Tatsache, dass nach wie vor viele institutionelle Investoren eine sehr große Cash-Bugwelle vor sich herschieben, dürfte sich zum einen der Verkaufsdruck in Grenzen halten, zum andern bei kleineren Korrekturen immer wieder Kaufinteresse von Investoren auflodern, die ihrem Anlagedruck nachgeben müssen.

Die US-Präsidentschaftswahl beschäftigt indes die Finanzmärkte enorm, auch wenn der Vorsprung des Herausforderers Joe Biden immer weiter wächst. Da die Umfragen vor vier Jahren aber auch schon völlig in die Irre geführt haben, bleibt die Unsicherheit bis zum Wahlabend Anfang November bestehen. Immerhin haben sich die Investoren an den Gedanken eines demokratischen Präsidenten gewöhnt, der eventuell Steuern erhöhen könnte. Im Gegenzug locken jedoch weitere gigantische Hilfspakete und konjunkturstützende Maßnahmen. Es wäre wünschenswert, wenn es am Wahlabend schon eine klare Entscheidung geben würde, damit der amtierende 45. US-Präsident nicht auf die Idee kommen kann, seine Drohung wahrzumachen und die Wahl nicht anzuerkennen. Dies würde die Finanzmärkte und wahrscheinlich auch die US-Bevölkerung massiv in Unruhe versetzen.  

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