Na, da wird der 45. US-Präsident aber neidisch sein! Kaum entwickelt er die abstruse Idee, die Anfang November anstehenden Präsidentschaftswahlen zu verschieben – natürlich nicht wegen seiner desaströsen Umfragewerte aufgrund seines Unvermögens, das Land in der Pandemie- und Rassismus-Krise zu führen, sondern wegen des bösen Covid-19-Virus, dessen Auswirkungen sich so langsam auch in das Präsidenten-Bewusstsein zu schleichen scheinen – setzt die von China gekaperte Regierung in Hongkong diese komplett undemokratische Idee auch schon in die Tat um, auf der Basis eines Notstandsrechts aus der Kolonialzeit. Aber zum Glück gibt es doch noch einige wenige Republikaner, die morgens in den Spiegel schauen können wollen und die diesem Ansinnen schnell ein Ende bereitet haben. Leider wachen diese Abgeordneten erst jetzt auf, wo sich die Amtszeit des 45. US-Präsidenten dem Ende zuneigt. Denn ihre Spiegel haben schon seit dem Verhindern der Amtsenthebung des US-Präsidenten mächtige Risse bekommen.
Noch wenige Risse haben die US-amerikanischen Aktienmärkte aufzuweisen. Die neuerlichen Lockdown-Maßnahmen in einigen von der Covid-19-Pandemie stark betroffenen Bundesstaaten und die Schwierigkeiten bei der Einigung auf eine Verlängerung der Stützungsmaßnahmen für Millionen Arbeitssuchende in den USA belasten das Konsumentenvertrauen. Die auf hohem Niveau verharrenden Neuanträge auf Arbeitslosenhilfe lassen zunehmend Zweifel an der Erholung des US-Arbeitsmarktes aufkommen.
Aber die Berichtssaison hat mehrheitlich bessere (v. a. in der Technologiebranche) oder zumindest weniger schlechte Gewinnausweise als erwartet gebracht, was die Kurse stabilisiert. In Europa steigen zwar die Arbeitslosenzahlen auch leicht an, durch das System der Kurzarbeit können aber kurzfristig viele Arbeitsplätze gehalten werden. Da dies natürlich nicht jahrelang durchgehalten werden kann, ist von entscheidender Bedeutung, wie sich die konjunkturelle Erholung gestaltet. Und hier haben wir diese Woche in der Tat erfreuliche Tendenzen bei Frühindikatoren erhalten. Nahezu sämtliche europäischen Einkaufsmanagerindizes, die auf der Befragung von Unternehmen beruhen, sind wieder in Wachstumsterrain (Werte > 50) vorgestoßen. Ausgehend von China und Asien scheint sich auch in Europa die industrielle Lage zu normalisieren. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die Kurzarbeit in Deutschland so zügig wie möglich zurückgefahren werden kann. Und das ist wiederum die Voraussetzung dafür, dass der Konsum, der auch hierzulande ca. 50 % der Wirtschaftsleistung ausmacht, wieder in Schwung kommt. Es wird nicht einfach werden, die Vor-Covid-19-Wirtschaftsleistung zu erreichen, denn nach wie vor sind Großveranstaltungen wie Messen, Konzerte oder Sportevents nicht oder nur auf Sparflamme durchführbar. Einer der wenigen Vorteile des Klimawandels besteht derzeit in der Tatsache, dass es viele Gastronomen schaffen, mit ihren erweiterten Außenflächen bei dem mehrheitlich schönen Wetter Umsatzeinbußen durch Abstands- und Hygienemaßnahmen auszugleichen. Inwieweit dies ab dem Herbst gelingen wird, bleibt abzuwarten. Um die aktuellen Kursniveaus an den Aktienmärkten zu halten, bedarf es in der nächsten Zeit auch harter Wirtschaftsdaten, die den Weg zur Erholung zeigen. So ganz trauen viele Investoren dem Ganzen nicht, denn der Sprung des Goldpreises über die 2.000-USD-Grenze zeigt deutlich, dass Gold wieder einmal als sicherer Hafen bzw. Fluchtwährung genutzt wird. Bei den schwindelerregenden Summen, die die Zentralbanken und Regierungen derzeit aufrufen, ist dies auch kein Wunder.